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Wednesday, July 29, 2020

„Wieder ein besseres Gespür für die Balance des Lebens bekommen“ - Schwäbische

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Der Satz „Ruht euch ein wenig aus“ ist keine Werbung zur Einkehr in einem Café oder zur Miete eines Strandkorbs, sondern ist ursprünglich ein Jesuswort aus der Bibel. Er sagte es seinen Jüngern, die wegen der vielen Menschen, die etwas von ihnen wollten, nicht einmal zum Essen kamen.

Ausruhen ist ein Wort, das zwiespältige Reaktionen hervorruft. Manchen fallen die Bilder gespenstischer Ruhe in unseren Städten nach dem Lockdown im Frühjahr ein. Zugleich ist für viele die Ruhe des Sommers die schönste Zeit im Jahr, einmal ohne Termine in den Tag hineinzuleben. In früheren Zeiten waren für die meisten Menschen in unserer Gegend, die vom Bauernhof lebten, der Gottesdienstbesuch am Sonntagmorgen und der Spaziergang am Nachmittag die wenigen Momente der Ruhe in einem arbeitsintensiven Alltag ohne Urlaub. So wurde die Ruhe sogar zum Bild für das ewige Leben, wie es heute noch in dem Gebet heißt, das in seiner lateinischen Vorlage mit dem Wort „requiem“ begann: „Herr, gib ihr oder ihm die ewige Ruhe.“

Für manche Zeitgenossen von heute hingegen ist das die reinste Schreckensvorstellung. Ewige Ruhe klingt nach ewiger Langeweile. Die Ruhe hingegen, von der in der Bibel die Rede ist, meint vielmehr einen Rhythmus, die Möglichkeit, Pause machen zu dürfen. Von unseren älteren Geschwistern, den Juden, haben wir weltweit die Sieben-Tage-Woche übernommen mit der Vorgabe, den Sabbat zu heiligen. Und unser Wort „Pause“ kommt aus dem griechischen und steckt in der Wendung: „Ruht euch ein wenig aus!“. Es geht also um einen gesunden Rhythmus, wofür wir heute den neudeutschen Begriff der „Work-Life-Balance“ verwenden. Dazu will auch die sommerliche Sabbatzeit dienen.

Wer diese Zeit als Sabbatzeit einordnet, verbindet damit Dankbarkeit fürs Leben und Alltagsbezug. Es geht dabei nicht ums Abtauchen aus dem sonstigen Leben, sondern der Sabbat ist immer Bestandteil des alltäglichen Lebens. Wer die Sommerferien als Sabbatzeit anschaut, möchte diese große Pause so genießen, dass er oder sie wieder leichter die kleinen Pausen im normalen Alltag und den Sonntag in der normalen Woche wiederentdecken kann.

Die große Frage derzeit ist natürlich, ob und wann es wieder den Alltag geben wird, wie wir ihn vor Corona kannten. Umso wichtiger ist, in dieser Pause wieder ein besseres Gespür für die Balance des Lebens zu bekommen, gerade weil wir auch im Herbst noch spontan sein müssen und nur weniges planbar sein wird. Es geht um die Balance von Geben und Empfangen, von Kraft investieren und Kraft tanken, von Arbeiten und Ausruhen. Sinnbild dafür ist unser Atem. Nicht umsonst wird das Ausruhen oft mit Vokabeln des Atems verbunden: durchatmen, aufatmen, Atem schöpfen.

Wer einmal ruhig dasitzt und entspannt dem eigenen Atem lauscht, wird dankbar für diesen vorgegebenen Rhythmus des Lebens werden und bei jedem Atemzyklus entdecken, wie nach dem Ausatmen natürlicherweise eine kurze Pause eintritt, wo das Leben sozusagen ganz still steht, bis dann der Körper wieder neu Atem schöpft.




July 29, 2020 at 03:03PM
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