BERLIN. Angesichts der Corona-Krise sollen Schulen, Lehrer und Schüler kurzfristig deutlich stärker finanziell bei der Digitalisierung unterstützt werden. «Die Pandemie hat der Entwicklung von Formen des digitalen Lernens neue Dringlichkeit verliehen», teilte Regierungssprecher Steffen Seibert nach einem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chefin Saskia Esken und Bildungsministern aus Bund und Ländern am Donnerstagabend mit.

Bund und Länder wollen die Digitalisierung an den Schulen angesichts der Corona-Krise mit konkreten Hilfen für Lehrkräfte und Schüler deutlich beschleunigen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chefin Saskia Esken, Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und Kultusministerinnen und Minister aus sieben Bundesländern vereinbarten am Donnerstagabend bei einem Treffen im Kanzleramt, „schnellstmöglich alle Schulen in der erforderlichen Weise an das schnelle Internet anzuschließen, Schülern zu Hause einen bezahlbaren Zugang zum Internet zu ermöglichen und Lehrer mit Endgeräten auszustatten“, wie Regierungssprecher Steffen Seibert im Anschluss mitteilte.
Mit am Tisch saßen Vertreter aus Rheinland-Pfalz, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Bayern, Sachsen und Schleswig-Holstein. Formale Beschlüsse wurden zwar nicht gefasst. Es sind erst weitere Abstimmungsprozesse zwischen Bund und Ländern nötig. Wie die Deutsche Presse-Agentur aber aus Teilnehmerkreisen erfuhr, ist angedacht, alle Schulen in Deutschland zügig an schnelles Internet anzuschließen, für jeden Lehrer der rund 800.000 Lehrer in Deutschland einen Dienstlaptop zu beschaffen und außerdem jedem Schüler einen günstigen Zugang zum Internet zu ermöglichen, der maximal 10 Euro im Monat kostet. Es wird demnach mit Kosten von rund 500 Millionen Euro gerechnet. Bund und Länder müssten nun über weitere konkrete Schritte beraten, hieß es weiter.
Merkel plant nach dem Treffen in kleinerer Runde möglichst bald eine weitere Runde mit allen Kultusministern der Länder. «Gestern war ein guter Anfang», sagte Seibert am Freitag in Berlin. «Die Bundeskanzlerin möchte dieses Gespräch dann mit allen Kultusministern in einem sehr überschaubaren Zeitrahmen fortsetzen.»
„Das Thema Schule ist uns allen sehr wichtig“
«Wir haben heute sehr gute Ergebnisse erzielt», sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) im Anschluss an die Konferenz. Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) sagte nach dem Treffen: „Es war ein erfreulich konstruktives Gespräch über die Grenzen von Bund, Ländern und Parteien hinweg. Wir wollten zu gemeinsamen Lösungen kommen, und wir sind erstaunlich weit gekommen.“ Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sagte: „Das zeigt, dass das Thema Schule uns allen sehr wichtig ist.“ Das Treffen sei getragen gewesen von dem Gedanken, dass Schule und Bildung höchste Priorität hätten.
Der Deutsche Philologenverband, der die Interessen der Gymnasiallehrer vertritt, begrüßt den Plan von Bund und Ländern zur Anschaffung von Dienstlaptops für Lehrer. Damit sei ein Schritt getan, damit endlich auch von «Schreibtisch zu Schreibtisch» gelernt werden könne, sagte die Verbandsvorsitzende Susanne Lin-Klitzing am Freitag.
Philologen: Jetzt noch Rechtssicherheit für Lehrer beim Urheberrecht
Wenn auch alle Schüler zu Hause entsprechend ausgestattet seien, könne digitaler Unterricht «Face to Face» von Schreibtisch zu Schreibtisch funktionieren. Voraussetzung sei dafür eine dauerhafte finanzielle Förderung einschließlich IT-Fachkräften an den Schulen. Zudem müsse es Rechtssicherheit für Lehrkräfte auch beim Urheberrecht geben, damit diese beispielsweise «digitalisierte Bildungsinhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zeitlich unbegrenzt nachnutzen, downloaden, schneiden und für den Unterricht verarbeiten zu können».
Flächendeckende Schulschließungen, wie zu Beginn der Corona-Pandemie, soll es nach dem Willen der Beteiligten möglichst nicht mehr geben. „Es besteht Einigkeit über das gemeinsame Ziel, erneute komplette und flächendeckende Schließungen von Schulen und Kitas möglichst zu vermeiden“, sagte Regierungssprecher Seibert. Gute Bildungspolitik sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, meinte KMK-Präsidentin Hubig. „Wir alle müssen Sorge dafür tragen, dass unsere Schülerinnen und Schüler ihr Recht auf Bildung verwirklichen können.“ Kurz nach Beginn des Schuljahrs in mehreren Bundesländern waren einige Schulen wegen Corona-Fällen oder -Verdachtsfällen zuletzt schon wieder geschlossen worden.
Esken: „Wild entschlossen“, Digitalisierung der Schulen voranzutreiben
SPD-Chefin Esken sagte zu, die Vereinbarungen für mehr Digitalisierung an den Schulen schnell umzusetzen. «Wir sind alle wild entschlossen, jetzt der Sache einen Schub zu geben», sagte Esken am Freitag in Berlin. Die Ideen müssten «sehr schnell» Wirklichkeit werden. Bei der praktischen Umsetzung sind vor allem die Länder am Zug. Über das Ziel, Schülern einen Internetzugang für zehn Euro im Monat zu ermöglichen, wollten sie aber auch mit Telekommunikationsunternehmen sprechen, kündigte Esken an. Die Corona-Pandemie habe das große Potenzial digitaler Lehr- und Lernmethoden aufgezeigt, aber auch einen großen Nachholbedarf. «Es muss tatsächlich nicht nur technischer, sondern auch methodisch-didaktischer Sachverstand an die Schulen kommen», betonte Esken.
Bildungsministerin Karliczek sagte am Freitag: «Es ist gut, dass wir in der Digitalisierung der Schulen jetzt das Tempo nochmals anziehen.» Die Ausnahmesituation der Pandemie habe vielen Menschen im Land die enormen Chancen des digitalen Lehrens und Lernens nochmal ganz neu vor Augen geführt. News4teachers / mit Material der dpa
Im Wortlaut
VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann hat heute eine Stellungnahme zu den Ergebnissen des Treffens von Bundeskanzlerin Merkel mit SPD-Chefin Esken, Bundesbildungsministerin Karliczek und einigen Kultusministern herausgegeben. Darin heißt es:

„Nach heftiger Kritik und basierend auf unseren Forderungen kommt jetzt endlich bei der Politik an: Für die Digitalisierung in Schulen braucht es die entsprechende Ausstattung. Die veröffentlichten Vereinbarungen des Bildungstreffens sind so konkret, wie wir es gestern eingefordert haben. So ist es gut, dass gemeinsam von Bund und Ländern Bedingungen für das digitale Lehren und Lernen geschaffen werden sollen. Neben digitalen Geräten für Schülerinnen und Schüler, sind nun auch die Lehrkräfte in den Fokus gerückt und sollen ausgestattet werden. Das muss dann Hand in Hand gehen mit ihrer Fortbildung, damit die Geräte optimal für das Lehren und Lernen eingesetzt und ein pädagogischer Mehrwert erzeugt werden kann. Denn das muss trotzdem klar sein: Digitalisierung ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel. Die Entscheidung über die Lehr- und Lernmittel obliegt der Lehrkraft entsprechend ihrer Einschätzung zu den notwendigen Maßnahmen zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler.“.
„Wichtiger Meilenstein“ in Sachen Bildungsgerechtigkeit
Mit Blick auf die Bildungsgerechtigkeit und die Benachteiligung von Schülerinnen und Schülern aus ökonomisch schlechter gestellten Haushalten sei die Ankündigung, bezahlbare Internetzugänge zu erhalten, ein „wichtiger Meilenstein“, so Beckmann und weiter: „In der Zeit der Schulschließungen haben wir gesehen, dass wir einige Kinder und Jugendliche kaum mehr erreichen konnten, weil weder digitale Geräte zur Verfügung standen noch ausreichend Datenvolumen, um Aufgaben abzurufen oder an die Lehrkraft zurückzusenden. Die Ausstattung zu sichern und den Internetzugang zu gewährleisten, sind elementare Voraussetzungen für die Teilhabe und Teilnahme an Bildungsangeboten.“
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Schulöffnungen: Merkel schaltet sich ein – und bestellt Kultusminister zum Rapport
August 14, 2020 at 11:10PM
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Nach Treffen von Kultusministern mit Merkel: Jeder Lehrer in Deutschland soll schnell einen Dienst-Laptop bekommen - News4teachers
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